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Immobilienmarkt: Ist der Boom vorbei?

Hauseigentümer konnten sich lange Zeit mehr als glücklich schätzen: In den letzten 13 Jahren stiegen die Immobilienpreise stetig an. Nun haben verschiedene Entwicklungen einen Umbruch eingeläutet. Lutz Rautenberg von Rautenberg Real Estate und Vermögensberater Dirk Gollits von der Baden-Württembergischen Bank fassen die komplexe Gemengelage zusammen.

Steigende Zinsen, Inflation, Einkommensverluste, explodierende Energiepreise, weniger Neubau – keine Frage: der Immobilienmarkt ist seit einigen Monaten gehörig in Bewegung. „Innerhalb kürzester Zeit hat das Marktgeschehen von Verkäufermarkt auf Käufermarkt gewechselt“, so Dirk Gollits, Leiter Wealth Management NRW der Baden-Württembergischen Bank. „Bis April, Mai 2022 konnten sich die Verkäufer im Prinzip aussuchen, an wen und zu welchem Preis sie verkaufen. Mit dem Zinsentscheid der EZB ist das sehr schnell gekippt: Jetzt ist der Käufer derjenige, der bestimmt, wo es langläuft.“ Prognosen, wohin die Reise geht, sind schwierig.

„Wir haben momentan verschiedene Gegebenheiten am Immobilienmarkt“, so der Finanzexperte. „Vermieter etwa sind aktuell mit der Situation konfrontiert, dass einige ihrer Mieter die enorm gestiegenen Energie- und Nebenkosten möglicherweise nicht tragen können. Nun haben sie die Wahl: Entweder sie kündigen – möglicherweise langjährigen und guten – Mietern, müssen dann aber neue finden, die solventer sind, oder aber sie verzichten auf einen Teil der Miete, um sie zu halten. Letzteres mindert jedoch den Wert ihrer Immobilie, denn der setzt sich aus verschiedenen Faktoren, deren Basis die Kaltmieten sind, zusammen. Das ganze Dilemma fängt also mit der Leistungsfähigkeit der Mieter an und da wird’s zurzeit für viele richtig eng.“ Das ist bei gestiegenen Nebenkosten um 500-600 Euro im Monat auch alles andere als ein Wunder. Denn woher soll man das so eben nehmen? Aber es gibt auch Kräfte, die gegenwirken: „Zurzeit werden viele Neubauprojekte „on hold“ gestellt. Und wenn es keinen Wohnungsneubau und damit mehr Nachfrage als Angebot gibt, gehen die Preise natürlich wieder nach oben“, fügt Dirk Gollits hinzu.

Weniger Neubau

„Ganz genau“, stimmt Lutz Rautenberg zu. „Dieser Aspekt wird nicht ausreichend gewürdigt und gesehen: Die Bundesbauministerin sagte zwar, Ziel sei, jedes Jahr 400.000 Wohnungen zu bauen, die kommunalen Bauämter interessiert diese Botschaft aber offensichtlich nur sehr rudimentär, denn die Baugenehmigungen dauern sehr lange und den Projektentwicklern wird es alles andere als leicht gemacht. Zudem fällt parallel ein Teil des Immobilienbestandes weg, weil er unter den veränderten energetischen Bedingungen gar nicht mehr sanierungswürdig und -fähig ist. Wenn das also zusammenkommt, dass die Fertigstellungszahlen oder Baugenehmigungen von 400.000 neuen Wohnungen nicht erreicht werden, zusätzlich Projekte zurückgegeben werden und bestehende Immobilien nicht mehr bewohnbar sind, erleben wir nicht nur, dass wir das Ziel der Bundesbauministerin nicht erreichen, sondern sogar deutlich darunterbleiben. Dieser Trend, dass die Nachfrage groß bleibt, aber das Angebot deutlich sinkt, muss langfristig zu stabilen Immobilienpreisen führen.“

„Richtig – es besteht also ein Tauziehen zwischen unterschiedlichen Entwicklungen. Und in der Mitte ist der Preis“, fasst Dirk Gollits zusammen. „Ich weiß nicht, wohin das gehen wird. Vielleicht ist das nur eine momentane Verwerfung, die langfristig wieder umschwenkt. Wir haben eine hohe Inflation – und Immobilien gelten klassisch als Inflationsschutz – und das bedeutet auch, dass die Preise nach oben gehen müssten. Es ist auf jeden Fall schwer zu sagen, ob der Boom vorbei ist.“

Immobilien bleiben eine gute Kapitalanlage

Auf die Frage, was er seinen Kunden derzeit rät, antwortet der Vermögensexperte: „Für mein Empfinden gehört eine Immobilie nach wie vor zur Gesamtvermögensallokation dazu. Ich rate sowieso immer zur Diversifikation, denn nur auf eine Karte zu setzen, ist meistens schwierig. Und selbst wenn Immobilien temporär nicht ganz so outperformen wie in den letzten Jahren, dann kommen dafür auf der Zinsseite vielleicht mehr Erträge rein. Erfahrungsgemäß gleichen sich Einbrüche, wie wir sie momentan haben, über lange Sicht immer aus. Deswegen ist die Asset Allokation, bei der ein Anlageportfolio auf eine Reihe von Anlageklassen verteilt wird, wichtig. Und Immobilien gehören für mich weiterhin dazu. Dennoch rate ich meinen Kunden momentan, mit dem Neukauf einer Anlageimmobilie noch etwas abzuwarten und erst einmal zu beobachten, wie sich die Preise entwickeln.“

Das sieht Lutz Rautenberg ähnlich: „Ich denke auch, dass sich bedingt durch die gestiegenen Energie- und Finanzierungskosten im Immobilienmarkt in den schwächeren Lagen im Preissegment 350.000 – 1.000 000 € in den nächsten 15 bis 18 Monaten erheblich was am Preis tun wird. Ein weiterer Aspekt, der für sinkende Preise in diesem Segment spricht: Immobilienbesitzer, die in den letzten zehn Jahren günstig finanziert haben, müssen jetzt nicht nur die enorm gestiegenen Nebenkosten tragen, sondern zusätzlich auch auslaufende Kredite zu neuen, wesentlich teureren Konditionen finanzieren. Das wird für einige mehr als schwierig werden.“

Fakt ist: Die Menschen haben weiterhin das Bedürfnis, in einem schönen Haus oder einer schönen Wohnung zu leben. Der Wunsch nach einem schönen Umfeld und damit die Nachfrage bleibt also in jedem Fall bestehen. Das in diesem Zusammenhang entscheidende, oft genannte Stichwort heißt: Lage, Lage, Lage. Im gehobenen Preissegment wird es die oben genannten Verwerfungen nämlich wohl eher nicht geben. „Denn bei höherer, wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit können die Menschen die gestiegenen Kosten auffangen und sind sicherlich weniger gezwungen, eine Immobilie aufzugeben“, erläutert Dirk Gollits.

Der Einfluss von Erbschaften

Lutz Rautenberg fügt hinzu: „Wir machen zudem die Erfahrung, dass bei den hochpreisigen Objekten in der Regel wesentlich weniger prozentual finanziert wird, so dass die Zinssensibilität im oberen Preissegment nicht so groß ist wie bei den weniger teuren Objekten. Ein weiteres Thema: Wir dürfen nicht unterschätzen, wie groß der Anteil des vererbten Vermögens bereits ist und in den nächsten Jahren auch weiterhin sein wird. Dieser Einfluss von Erbschaften wird oft zu wenig berücksichtigt. Das von der Nachkriegsgeneration erarbeitete Vermögen wird nämlich gerade sukzessive an die nächste Generation weitergegeben, so dass diese mit erheblich mehr Eigenkapital deutlich teurere Häuser nachfragen kann. Mehr Eigenmittel bedeuten – wie oben bereits erwähnt – einen geringeren Finanzierungsanteil, so dass die gestiegenen Zinsen im hohen Preissegment keine großen Auswirkungen haben werden. Sehr viele junge Leute werden also in naher Zukunft in der Lage sein, sehr teure Häuser nachzufragen. Dadurch erfährt das Segment auch von dieser Seite einen eher stabilisierenden Effekt. Dennoch: Wenn es zu einer allgemeinen Zurückhaltung kommt, kann man als Käufer trotzdem darauf setzen, dass es auch in den gehobenen Lagen zu Anpassungen kommen wird. Diese sind dann nur deutlich geringer. Ich denke, dass auch diejenigen, die hohe Preise bezahlen könnten, aktuell vielleicht doch vorsichtiger sind oder eher in Verhandlungen eintreten als noch vor einem Jahr, weil sie die Sorge haben, dass es zunächst einmal einen Einbruch geben könnte. Wohlgemerkt: nicht so stark wie im unteren Preissegment, aber dennoch möchte keiner einen Verlust erleben. Abschließend kann man auf jeden Fall sagen, dass die Übertreibungen der letzten Jahre, wo selbst wir als Makler – und ich bin jetzt 20 Jahre im Geschäft – oft überrascht waren, wie hoch der Preis am Ende war, wohl vorbei sind.“

Immobilien als Altersvorsorge

Dirk Gollits weist noch auf einen weiteren Aspekt hin: „Man muss zwischen verschiedenen Märkten unterscheiden: Zwischen dem Einfamilien- und dem Mehrfamilienhausmarkt, ob es also um Eigennutzung geht oder um Rendite. Zum Thema Rendite: Es gibt viele Menschen, die ihre Altersvorsorge auf Immobilien abgestellt haben. Durch die exorbitanten Nebenkostensteigerungen wird der Überschuss eines Mehrfamilienhauses aber teilweise bis zu 70 Prozent aufgezehrt. Für viele Vermieter ist es zudem höchst problematisch, bei den Nebenkosten ihrer Mieter nun in Vorkasse gehen zu müssen und sich dabei noch nicht einmal darauf verlassen zu können, dass diese die Nachzahlungen im nächsten Jahr auch werden leisten können. Entgegen der verbreiteten Annahme, die meisten Vermieter seien Großkonzerne, sind es tatsächlich sehr viele Privatleute, die von den Mieten leben. Unterm Strich sitzen Immobilienbesitzer also in einem ähnlichen Boot wie Mieter. Mein Fazit lautet: Die aktuelle Situation ist enorm herausfordernd, schwarz-weiß gibt es ebenso wenig wie pauschale Prognosen. Vielmehr muss man jede Situation individuell bewerten. Um passende Strategien zu erarbeiten, braucht man idealerweise nicht nur einen Fachmann, sondern sogar drei: einen Banker, einen Steuerberater und einen Immobilienexperten, der sich am Markt auskennt.“