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Interview mit Prof. Dr. Volker Eichener über das neue Gesetz zur Maklerprovision

Er ist ein ausgewiesener Experte für Immobilienwissenschaft und moderne Quartiersentwicklung und lehrt als Professor für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Sozialpolitik an der Hochschule Düsseldorf: Prof. Dr. Volker Eichener. Wir haben den renommierten Wissenschaftler anlässlich des neuen Gesetzes zur Maklerprovision getroffen, das im Dezember in Kraft tritt.

Herr Prof. Dr. Eichener, was verändert sich ab dem 23. Dezember 2020 bei der Maklerprovision?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) wird dahingehend verändert, dass die Maklerprovision beim Verkauf von Wohnimmobilien zukünftig je zur Hälfte vom Verkäufer und vom Käufer getragen wird. Dies war in den meisten Bundesländern, auch in NRW, ohnehin gängige Praxis, wird jetzt aber gesetzlich festgeschrieben. Eine Änderung bedeutet die Regelung lediglich für die Stadtstaaten, insbesondere Berlin und Hamburg, wo häufig allein die Käuferseite die Maklerprovision gezahlt hatte.

Waren in der politischen Diskussion nicht noch ganz andere Forderungen erhoben worden?

Es gab tatsächlich von der Bundestagsfraktion der Grünen und aus dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz Gesetzentwürfe, die der Partei, von der die Initiative zur Beauftragung des Maklers ausgeht, die gesamte Provision aufbürden wollten. Die Grünen verlangten sogar, die Provision auf einen unrealistisch niedrigen Betrag von 2 Prozent inklusive Umsatzsteuer zu deckeln.

Das sogenannte „Bestellerprinzip“ ist dann aber aufgeben worden.

Richtig, und zwar aus guten Gründen. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestags hat eine Sachverständigenanhörung durchgeführt, bei der ich auch selber gehört worden bin. Mehrere Sachverständige haben den Parlamentariern erklärt, dass die Vorhaben auf falschen Vorstellungen über die Tätigkeit von Immobilienmaklern beruhten. Insbesondere haben wir dargelegt, dass das „Bestellerprinzip“ einen Rückschritt beim Verbraucherschutz bewirken würde.

Inwiefern wäre das ein Rückschritt?

Erstens, weil private Verkäufer von Wohnimmobilien in aller Regel selber Verbraucher sind. Der Verbraucherschutz, der einen Eingriff in die Vertragsfreiheit darstellt, setzt ein asymmetrisches Stärkeverhältnis zwischen beiden Vertragsparteien voraus, das in der Regel dann gegeben ist, wenn ein privater Haushalt einem Unternehmen mit Fachleuten und Rechtsabteilung gegenübersteht. Die Verkäufer von gebrauchten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen sind aber selber Privatleute und gar nicht stärker als die Käufer. Im Gegenteil, meist handelt es sich um alte Menschen oder Menschen in Notsituationen, die sehr rasch verkaufen müssen, während die Erwerber meist jünger sind, im Berufsleben stehen und nicht gezwungen sind, Eigentum zu erwerben.

Was spricht noch gegen das „Bestellerprinzip“?

Zweitens schützt der Makler auch die Interessen des Käufers, wenn er von ihm eine Provision erhält. Der Begriff „Bestellerprinzip“ war ohnehin irreführend, weil auch der Käufer dem Makler einen Auftrag erteilt, wenn er sich ein Exposé aushändigen lässt, Besichtigungstermine wahrnimmt, Fragen stellt oder einen Entwurf des Kaufvertrags erhält. Wenn der Makler einen erheblichen Teil seiner Provision vom Käufer erhält, dann ermittelt er auch Risiken und schützt den Käufer vor unliebsamen Überraschungen, weil er sonst seinen Honoraranspruch wegen Falschberatung riskieren würde.

„Das ist das Gerechteste, was wir uns vorstellen können.“

Prof. Dr. Volker Eichener über die Aufteilung der Maklerprovision.

Welche Risiken gibt es denn beim Kauf von Wohnimmobilien?

Es gibt eine Fülle von Risiken, von denen der Laie meist überhaupt keinen Schimmer hat. Da kann es baurechtliche Probleme geben, z.B. unerlaubte An- oder Umbauten, nachbarrechtliche Schwierigkeiten, Altlasten im Boden, Hochwasserrisiken, Modernisierungsbedarf bei Heizungen, Elektro- und Gas-/Wasserinstallationen, Hausschwamm und vieles andere mehr. Nach einer Untersuchung, die wir durchgeführt haben, klären 98 Prozent der Makler die Käufer über Mängel und Risiken des Objekts auf und 88 Prozent der Makler forschen sogar unaufgefordert nach versteckten Mängeln und Risiken, die der Verkäuferseite nicht bekannt sind, und informieren die Käuferseite darüber. Der Makler schaut in die Bauakte, überprüft Verträge, macht Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Wertermittlungen und vieles mehr.

Hat der Makler nicht ein Interesse daran, den Kaufpreis in die Höhe zu treiben, damit seine Provision steigt?

Der Effekt ist vernachlässigbar. Das primäre ökonomische Interesse des Maklers besteht darin, zu einem schnellen Kaufabschluss zu kommen, und das gelingt besser, wenn der Kaufpreis niedriger ist. Nach unserer Studie kommt es in 60 Prozent der Fälle und somit dreimal häufiger vor, dass Makler auf eine Senkung des Kaufpreises hinwirken als auf eine Erhöhung.

Die übliche Provision beträgt 3 Prozent vom Käufer und 3 Prozent vom Verkäufer. Was leistet der Makler denn dafür?

6 Prozent sind für eine ältere, modernisierungsbedürftige Eigentumswohnung, die für 100.000 Euro verkauft wird, ganze 6.000 Euro. Das reicht kaum, um die Inserate zu bezahlen. Bei einem Millionenobjekt macht das schon einen höheren Betrag aus, aber ein Millionenobjekt ist auch ungleich komplexer. Nach unseren Forschungen erbringen die Immobilienmakler routinemäßig eine Vielzahl von Dienstleistungen, die bau- und immobilienrechtlicher, technischer, wirtschaftlicher, organisatorischer, lebenspraktischer und mitunter sogar sozialpädagogischer Natur sind und die insbesondere für die Käufer von hohem Wert sind.

Welchen Aufwand hat der Makler im Durchschnitt bei der Vermittlung eines Wohnobjekts?

Pro Transaktion verschicken die Makler durchschnittlich 46 Exposés an Interessenten, führen 16 Besichtigungen durch und nehmen 10 weitere Termine wahr. Das deutsche System der Maklervergütung sieht vor, dass diese Leistungen, auch die Besichtigungen, kostenlos erbracht werden. Die Provision wird nur im Erfolgsfall fällig. Der zwanzigste Interessent, der den Zuschlag erhält, mag es als ungerecht ansehen, dass er die Kosten für seine 19 Vorgänger mittragen soll, umgekehrt hat sich der Erwerber bis zu diesem Zeitpunkt selber bereits eineinhalb Dutzend Objekte und noch mehr Exposés angesehen, ohne dass er dafür etwas zahlen musste. Stellen Sie sich vor, Sie müssten für jedes Exposé, für jede Besichtigung, für jede Objektbeurteilung, für jede Einsichtnahme in die Bauakte einen Experten beauftragen und honorieren, selbst wenn es gar nicht zum Kaufabschluss kommt. Da ist das gegenwärtige System gerechter und berechenbarer.

Wie wird sich das Maklergeschäft durch die neue Gesetzgebung verändern?

Erstens bedarf jetzt jede Beauftragung eines Maklers der Schriftform, während es früher beispielsweise bereits reichte, ein Exposé anzufordern. Das bedeutet eine zusätzliche Formalität, schafft aber Klarheit und Rechtssicherheit. Zweitens teilen sich zukünftig Käufer und Verkäufer die Maklerprovision zu gleichen Teilen. Das ist das Gerechteste, was wir uns vorstellen können. Der Makler nimmt dadurch die Position des ehrlichen Mittlers ein, der dazu verpflichtet ist, die Interessen aller Beteiligten zu schützen.

Wir danken Prof. Dr. Volker Eichener herzlich für das Interview.